Wetterauer Seenplatte
Wer schon etwas älter ist und noch Heimatkunde in der Schule hatte, der wird sich unter einer Seenplatte gewiss etwas anderes vorstellen. Man kennt die Schleswig Holsteinische, die Mecklenburgische und die Ostpreußische Seenplatte. Die Wetterauer Seenplatte kam im Heimatkundeunterricht noch nicht vor.
Sie entstand in der Folge der Bergbautätigkeit, die bis in die frühen 90er Jahre des 20. Jahrhunderts reichte. Seit dem frühen 19. Jahrhundert wurde in der Wetterau Braunkohle abgebaut, zuerst im Tiefbau, später mit großen Baggern im Tagebau. Entstanden sind dabei gleich vierzehn Seen, die langsam mit Grundwasser vollgelaufen und sich zu seiner veritablen Seeplatte entwickelt haben.
Unsere heutige Radtour beginnt in Reichelsheim. Wir starten an der imposanten evangelischen Kirche.
Die Kirchgasse führt uns von dort zum Friedhof, den wir in einer langgezogenen Linkskurve umfahren. Wir stoßen schließlich auf einen betonierten Weg, passieren rechter Hand einen Angelteich und stoßen schließlich auf die Landesstraße 3187, der wir für etwa 500 Meter nach links folgen. Rechts hinter dem Feldgehölz befindet sich der erste See der Wetterauer Seenplatte, den wir heute anfahren.
Es ist der „Dorn-Assenheimer Bergwerkssee“, dessen Name uns schon sagt, wie er entstanden ist. Der knapp 800 Meter lange und 400 Meter breite See ist mittlerweile zum Zankapfel in der Gemeinde geworden. Während es Menschen gibt, die den See zum Freizeitareal entwickeln wollen, fürchten andere zu viel Verkehr. Der Zugang zu dem See zwischen den Feldgehölzen ist leicht zu übersehen, es ist ein schmaler mit Holzhackschnitzel belegter Pfad durch die Bäume und Büsche.(1)
Nach wenigen Metern stoßen wir auf einen Asphaltweg, der die Ostseite des Sees umfasst. Wir sollten uns aber jetzt etwas Zeit nehmen und ein Stückchen in Richtung See laufen und den Anblick genießen. Den Asphaltweg nehmen wir nach rechts, Richtung Norden, und fahren zwischen zwei Betonpollern auf den Feldweg, um hier den ersten Weg nach rechts zu nehmen, der uns nach Weckesheim führt.
Wir passieren jetzt die Werkstätten der Behindertenhilfe Wetterau und fahren kurz vor den Eisenbahngleisen nach rechts in die Bergstraße, an deren Ende wir zum Teich des Angelsportvereins Weckesheim kommen. Wir fahren unseren Weg weiter, er ist jetzt etwas holprig, stoßen auf einen Wirtschaftsweg, den wir nach links nehmen, und überqueren alsbald die Gleise und nehmen sofort danach den Radweg nach links.
Nach knapp 400 Metern kommt rechts die Barbarastraße. Bevor wir hier einbiegen, fahren wir noch einige Meter geradeaus und betrachten einige Relikte des Braunkohlebergbaus in der Wetterau (2).
Die Braunkohle ist vor etwa 1 bis 1,2 Millionen Jahre entstanden und wurde hier in der Zeit von 1804 bis 1991 abgebaut. Die Kohlelager waren durchschnittlich neun Meter mächtig und eher von minderer Qualität. Gefördert wurde eine undefinierbare Masse schwarzer Erde, die erst nach mehreren Reinigungs- und Trocknungsgängen zum Brennmaterial Braunkohle wurde.
Gefördert wurde im Winter, im Sommer wurde aus der Masse, nach Entfernung der holzigen Bestandteile unter Zugabe von Wasser, ein Kohlenbrei angerührt, dem Sonne und Luft das Wasser entzogen. Aus dem festen Kuchen wurden Formklötze abgestochen, die den Haushalten und dem Gewerbe in der Region als preiswertes Brennmaterial dienten.
Die Braunkohle war im 19. Jahrhundert in der waldarmen Wetterau die Alternative zum raren Brennholz. In den fast 200 Jahren Bergbaugeschichte wurden zwischen Weckesheim, Wölfersheim und Hungen-Inheiden und 70 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert.
Wir fahren jetzt zurück zur Barbarastraße, an deren Ende wir den Heuchelheimer Weg nach rechts und gleich wieder den ersten Feldweg nach links nehmen. Knapp einen Kilometer fahren wir so und stoßen unweigerlich auf das Naturschutzgebiet „Teufelsee – Pfaffensee“. Hier halten wir und gehen ein Stück zu Fuß zu dem Aussichtspunkt, der uns einen schönen Blick auf den Teufelsee schenkt (3).
Auf unserem weiteren Weg kommen wir nach wenigen hundert Metern auf die Kreisstraße, der wir nach rechts folgen. Wir bleiben auf der Kreisstraße 179 und nehmen im Kreisverkehr die zweite Abfahrt. Die Äcker rechts und links gehören zu den fruchtbarsten in der Wetterau und damit in ganz Deutschland.
Kurz vor der Bundesstraße 455 stoßen wir auf den Radweg, den wir nach rechts in Richtung Wölfersheim nehmen. Wir durchfahren das Gewerbegebiet, das in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts entstanden ist und den Strukturwandel markiert, der mit dem Ende des Braunkohletagebaus und der Schließung des Kraftwerkes am Standort Wölfersheim verbunden ist.
Am Ende des Gewerbegebietes stoßen wir auf den Kreisverkehr, wo wir nach rechts in die Heyenheimer Straße abbiegen (4). Wer an der Bergbautradition in der Wetterau interessiert ist, dem sei unbedingt das Wölfersheimer Energiemuseum ans Herz gelegt, es liegt direkt am Kreisverkehr. Öffnungszeiten: sonntags 15 bis 18 Uhr.
Auf unserem Weg in Richtung „Wölfersheimer See“, der einst zur Kühlung für das Kraftwerk genutzt wurde, passieren wir eine große Solaranlage, die umweltfreundlich Energie erzeugt, wo einst das Kraftwerk Braunkohle verbrannte.
Auf unserem Radweg stoßen wir direkt auf den Wölfersheimer See. Wir umrunden den See nach rechts und stoßen dabei immer wieder auf Informationstafeln, die die Gemeinde aufgestellt hat, um an die Tradition des Bergbaus in Wölfersheim zu erinnern.
Nachdem wir mehrere schöne Blicke auf den See geworfen haben, kommen wir schließlich zum Hochseilgarten, wo wir Kaffee und Eis und mit etwas Glück auch ein Stück Kuchen bekommen (5).
Über den Parkplatz geht es weiter zur Geisenheimer Straße, der wir nach rechts folgen, wir fahren dabei hinter dem Feldgehölz. Der Weg, der rechts von uns parallel verläuft, führt nach wenigen hundert Metern in eine andere Richtung. Wir kommen schließlich an den nächsten Teich der Wetterauer Seenplatte. Es ist der „Schwelteich von Echzell“, der seine Existenz allerdings nicht dem Braunkohletagebau zu verdanken hat (6).
Direkt hinter dem Schwelteich fahren wir nach rechts, stoßen auf eine T-Kreuzung und fahren abermals nach rechts und nach hundert Metern nach links. Knapp 1,5 Kilometer fahren wir jetzt durch die Felder und stoßen schließlich auf die Landesstraße, die wir in einer Links-Rechts-Kombination überqueren und auf dem Asphaltweg zum nächsten Mitglied der Wetterauer Seenplatte radeln, dem „Pfaffensee“.
Der Pfaffensee bildet gemeinsam mit dem Teufelsee ein großes Naturschutzgebiet, das ein Paradies für Wasservögel ist. Am Pfaffensee haben wir wieder die Möglichkeit, von einer Aussichtsplattform in Ruhe dem Treiben auf dem See zuzuschauen.
Wir folgen dem Weg weiter, der nun zu einem Pfad wird, auf dem wir rund 400 Meter mehr schlecht als recht vorankommen. Schließlich stoßen wir aber wieder auf einen betonierten Weg, der uns in Richtung des Echzeller Ortsteils Gettenau führt (7).
Am südlichen Rand des Dorfes fahren wir vorbei am Friedhof und an der T-Kreuzung nach links und folgen dem Weg bis zum Bahnhalt Gettenau - Bingenheim. Hier fahren wir abermals links und folgen dann auf dem Radweg nach rechts der Landesstraße in Richtung Bingenheim.
Gut 500 Meter bleiben wir auf diesem alleegesäumten Radweg, um dann kurz vor Bingenheim die Straße nach links auf den Radweg zu überqueren (8). Jetzt können wir eigentlich nicht mehr viel falsch machen.
Wir folgen dem Weg bis zur Brücke, die wir nach rechts überqueren und haben hier erneut eine schöne Aussichtsplattform, die uns einen fantastischen Blick auf das Bingenheimer Ried bietet.
Hier am Aussichtsturm sieht man oft die „Birdwatcher“, die mit ihren überdimensionalen Ferngläsern möglichst viele unterschiedliche Wasservögel identifizieren wollen. Storch, Schwan und Nilgans sind leicht zu erkennen, auch den Kranich und den Reiher kann man ohne Fernglas gut ausmachen. Wer die anderen 20 Wasservögelarten auseinanderhalten möchte, ist dabei schon auf gutes optisches Gerät angewiesen. Zu hören ist aber ein weitreichendes Gequake und Geschnatter, Gerufe und Gezwitscher.
Parallel zur Bahnstrecke fahren wir jetzt auf dem gut ausgebauten Radweg nach Reichelsheim. Wir überqueren noch einmal die Gleise und kommen auf die Bingenheimer Straße, die uns direkt zur Evangelischen Kirche und zu unserem Ausgangspunkt zurückführt.
Länge | 26 Kilometer |
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Höhenmeter | nur geringfügige Steigungen |
reine Fahrtzeit | Eine Stunde, vierzig Minuten |
Startpunkt | An der evangelischen Kirche in Reichelsheim |
ÖPNV | Mit der Bahn von Friedberg nach Nidda, Haltepunkt Reichelsheim Weckesheim |