Das Rosenmuseum in Steinfurth ist ein Stück Wetterauer Identität

In der Tourismusbranche ist der Terminus „Alleinstellungsmerkmal“ eine beliebte Vokabel, um das ganz Besondere eines Standorts hervorzuheben. Oftmals wird dabei in der werbetypischen Sprache kräftig übertrieben. Nicht so im Bad Nauheimer Stadtteil Steinfurth: Er beherbergt das weltweit erste Museum zur Kunst- und Kulturgeschichte der Rose.

Steinfurth ist auch das „Rosendorf in der Wetterau“, und dies ist ein Ruf, der weit über die Wetterau hinausreicht. Die Anfänge des Rosenanbaus in Steinfurth reichen in die 60er Jahre des 19. Jahrhunderts zurück. Steinfurth, damals ein armes Bauerndorf, hat die Rosenzucht Heinrich Schultheis zu verdanken, der in England die Veredlung von Rosen durch Okulieren erlernt hatte.

Zurück in der Wetterau begann er 1868 in seinem Heimatdorf Steinfurth mit der Vermehrung von Rosenpflanzen durch die Veredelung von Wildlingen. Offenbar eine geniale Geschäftsidee, denn schon wenige Jahre später belieferte er Interessenten in ganz Europa. Der Rosenanbau ist wie der Obstanbau ein Zweig der Landwirtschaft, wo sich auf relativ kleiner Fläche viel Umsatz machen lässt, allerdings unter hohem körperlichem Einsatz. Gleichwohl bot der Wetterauer Boden und das sich verbreitende Knowhow in Steinfurth die besten Bedingungen für einen erfolgreichen Rosenanbau, ein Erfolg, der bis heute anhält.

Dokumentiert sind die Anfänge des Rosenanbaus bis hin zu den modernen Sorten im Rosenmuseum in der alten Schulstraße im Herzen des Rosendorfs Steinfurth. Schon das zweiteilige Gebäude steht für die Rosen. Der ältere Teil stammt aus dem frühen 18. Jahrhundert und diente als Rathaus und als Schule, bis vor gut 40 Jahren hier das Heimat- und Rosenmuseum eingerichtet wurde. Die Idee dazu kam von Ria Steinhauer, Leopold Gaffrey und Fritz Gabriel. Der Neubau wurde um 2000 angefügt und von Dr. Jutta Pauli eingerichtet, die seit 2014 die hauptamtliche Leitung des Museums innehat.

Von den Griechen bis zur Rosenkaiserin

Start des Rundgangs durch das Museum ist die Rosenlaube mit einem „analogen Handcomputer“, dem sich allerhand Daten über die Entwicklung der Rosenzucht seit dem frühen 18. Jahrhundert entnehmen lassen. Bis dahin nämlich wurden zwar Rosen kultiviert, Züchtungen waren aber eher zufälliger Natur. „Die Rose selbst ist schon seit mehr als 2.000 Jahren ein steter Begleiter der Menschen, die sich mit Schönem umgeben. Schon die alten Griechen schätzten die Rosen. Aber erst um 1800 gelang es, Rosen zielgerichtet zu züchten. Bis dahin gab es in Europa rund 250 Sorten in den Farben weiß, rot und rosa, die meist im Juni für rund 20 Tage blühten. Erst mit dem Import chinesischer Rosen änderte sich die Vielfalt, und zwar schlagartig. Heute gibt es weltweit rund 40- bis 60.000 verschiedene Rosen, und jedes Jahr kommen hunderte hinzu, während andere vom Markt verschwinden“, berichtet Jutta Pauli und erzählt von Marie Josephe Rose de Tascher de la Pagerie, genannt Joséphine, die als Ehefrau von Napoleon Kaiserin der Franzosen war. „Sie war leidenschaftliche Rosenzüchterin und -sammlerin und ging als Rosenkaiserin in die Geschichte ein.“

Wenn Jutta Pauli ins Erzählen kommt, dann läuft in den Köpfen ihrer Zuhörer ein Film ab. „Die Hälfte der alten 250 europäischen Sorten gibt es heute noch in Steinfurth zu kaufen“, berichtet die promovierte Historikerin.

Im Museum gibt es Informationen über die Rose als Symbol der Liebe und der ewigen Treue. Besonders schön ist der „Raum der Schönen Künste“, wo man gerne Platz nimmt und Hildegard Knef zuhört, wie sie nach einem Regen voller Rosen verlangt oder Walzermusik zu einem Tänzchen auffordert. Der Raum gilt als Paradebeispiel für eine gelungene Ausstellungsarchitektur und ist in einschlägigen Lehrbüchern aufgeführt.

Von Gastfreundschaft und Lieblingsparfüm

„Der Duft des Orients und die Blume des Propheten“ heißt der nächste Ausstellungsraum, denn die Rose ist längst nicht nur die Blume des Abendlandes. Im Orient besprengen Gastgeber ihre Gäste mit Rosenwasser. Die Zeremonie des Händewaschens vor Beginn eines Festmahls gehört zu den zentralen Grundregeln der Gastfreundschaft. Nachdem die Gäste bei Tisch Platz genommen haben, wird aus einer Kanne Rosenwasser über die Hände der Gäste gegossen. Die Hände werden über ein passendes Becken gehalten (siehe Bild). Eindrucksvoll ist die historische Rosendestille aus Bulgarien, neben Marokko und der Türkei ein wichtiges Land in der Herstellung von Rosenwasser und Rosenöl.

Immerhin haben 80 Prozent der Parfüms Rosenöl als Grundlage, so auch Chanel No. 5, das Lieblingsparfüm von Marilyn Monroe, die auf die Frage, wo sie das Parfüm verwende, lasziv antwortete: „Überall da, wo ich geküsst werden möchte“.

Viele der Exponate im Steinfurther Rosenmuseum sind dem Jugendstil zuzuordnen: Potpourri-Vasen, Figuren und Figürchen.

Weiter geht’s im Museum mit Informationen zur Rosenbotanik, bevor man dann in die Geschichte des Rosenanbaues in Steinfurth eintauchen kann. Und schließlich sind dann noch die Sonderausstellungen wie die aktuelle „Chinalack und Taubenblut - die Farbe der Rose“. Die großformatigen Fotografien auf Satin stammen von Josh Westrich, dem es gelingt, die Rosen so lebendig zu fotografieren, dass man fast ihren Geruch wahrnehmen kann. Diese Ausstellung ist nur noch kurze Zeit zu sehen. Ab dem 20 April zeigt das Rosenmuseum die Ausstellung „Wilde Rosen – starke Frauen“.

Eines der besucherstärksten Museen in der Wetterau

Das Rosenmuseum in Bad Nauheim-Steinfurth zählt zu den Museen in der Wetterau mit den besten Besucherzahlen. „In den Jahren des Rosenfestes rechnen wir immer mit mehr als 12.000 Besuchern, von denen allein 4.000 während dieses hektischen Wochenendes in unser Haus kommen“, berichtet Dr. Pauli. Sonst liegen die Besucherzahlen zwischen 8.000 und 10.000, Tendenz steigend. Das liegt vielleicht auch am Rosencafé, in dem exklusiv die Rosentorte von „Hofbäcker Faulstich“ serviert wird. Ein echter Genuss, der immer mehr Liebhaber findet. „In diesem Jahr werden wir im Café mit mehr als 500 Rosentorten Rosenfreunde glücklich gemacht haben“, rechnet Jutta Pauli. Für das operative Geschäft des Rosenmuseums stehen sechs ehrenamtliche Helfer und fünf Minijobber bereit. Inge Lapp, Uschi Dauth und Dieter Pfeiffer sind seit der Privatisierung des Museums dabei.

„Die steigenden Besucherzahlen bedeuten aber auch mehr Arbeit. Deswegen brauchen wir noch mehr ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, die uns bei dieser Aufgabe unterstützen. Ob im Kartenverkauf oder im Museumscafé, jede helfende Hand ist willkommen“, sagt Dr. Pauli.

Apropos Besucher: Das Rosenmuseum in Bad Nauheim wird gerne auch von Gruppen besucht oder von Menschen, die etwas ganz Besonderes erleben wollen. Auch Familien mit Kindern sind gern gesehen, und für die gibt es spezielle Führungen.

Was man unbedingt gesehen haben muss

  • Den Raum der Schönen Künste
  • Duft des Orients
  • Blume des Propheten mit den Exponaten