Nach Russland und in die Kuhweide bei Lindheim

Durch die Seemenbachaue, größtes Naturschutzgebiet der Wetterau

Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln reist, nimmt die Niddertalbahn und steigt in Altenstadt-Lindheim aus, geht von der Heegheimer Straße nach rechts in die Altenstädter Straße und folgt der Straße bis zum Aldi Parkplatz am Ende der Altenstädter Straße kurz vor der Einmündung in die B 521.

Mit Russland verbinden die meisten Menschen ein Land von großer Weite. Unser heutiges Ziel hat den gleichen Namen und eine Gemeinsamkeit mit dem flächengrößten Land der Erde. Das Naturschutzgebiet „Im Russland und in der Kuhweide bei Lindheim“ ist das größte Naturschutzgebiet in der Wetterau. Es wurde in einer Fläche von über 220 Hektar vor ziemlich genau 30 Jahren ausgewiesen, und noch eine Besonderheit weist das Naturschutzgebiet aus, das wir heute besuchen: Es verfügt über die breiteste Flussaue in der Wetterau.

Bis vor 60 Jahren wechselten hier Wiesen und Weiden ab, sogar die Wege und Grabenränder waren nach dem Krieg an zahlreiche Ziegen- und Kaninchenhalter der Umgebung verpachtet. So entstand unter der kleinteiligen Nutzung des Menschen ein zwar weitestgehend gehölzfreier Lebensraum, der jedoch unzählige Nischen für unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten bot. Regelmäßige Überschwemmungen sorgten neben einer Versorgung mit Nährstoffen sowie einer ausreichenden Bodenfeuchtigkeit auch dafür, dass das Grünland nicht zu Ackerland umgebrochen wurde.

Unsere Wanderung beginnt am Aldi-Parkplatz. Wir wenden uns nach links und unterqueren auf der alten Altenstädter Landstraße die Bundesstraße 521 und gehen sofort erneut links und folgen dabei dem Vulkanradweg in Richtung Glauberg.

Nach ziemlich genau einem Kilometer zweigt der Vulkanradweg nach links ab, wir aber gehen rechts und kommen nach der ersten Nidderbrücke zu einem Beobachtungsstand (1), der uns einen interessanten Blick auf das Naturschutzgebiet ermöglicht. Seit der Ausweisung hat sich hier allerhand getan. Rund 25 Kleingewässer/Feuchtgebiete sind in den letzten Jahren entstanden, zum Teil im Rahmen des amtlichen Naturschutzes, zum Teil in ehrenamtlicher Arbeit. Vieles davon hat das Forstamt Nidda umgesetzt, das hier zusammen mit den Naturschützern des Kreises, aber auch Naturschutzgruppen und der Landwirtschaft, Hand in Hand arbeitet. Mit den Feuchtgebieten hat sich die Nahrung für Brachvogel Kiebitz und vor allem den Storch wieder vermehrt. Er ist eine Art Symbol für den Erfolg des Naturschutzes in der Wetterau. So viele Störche wie in diesem Jahr gab es zuletzt in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts.

Das große Naturschutzgebiet hat zwei wichtige Funktionen. Es ist Brutgebiet für die obengenannten Vögel, aber auch ein wichtiges Rastgebiet für die durchziehenden Zugvögel. „Was in den letzten 30 Jahren hier geschaffen wurde, ist ein hervorragendes Beispiel für die optimale Verzahnung von behördlichem und ehrenamtlichem Naturschutz in enger Abstimmung mit der Landwirtschaft“, berichtet Dr. Burkhard Olberts, der als Geschäftsführer des Naturschutzfonds Wetterau den ehrenamtlichen Naturschutz vertritt.

Wir wandern weiter auf dem Vulkanradweg, machen aber noch eine kleine Exkursion und unterqueren erneut die Bundesstraße 521. Direkt hinter der Brücke fließt der Seemenbach in die Nidder.

Auf unserem weiteren Weg passieren wir eine interessante Versuchsfläche. Hier soll auf einem Streifen eine Pfeifengraswiese durch Mahdgutübertragung wieder hergestellt werden. Pfeifengraswiesen sind sehr selten geworden, vor allem die geschützte Färberscharte und das nordische Labkraut (2).

(Die Färberscharte wurde früher zum Färben genutzt. Anders als es die zartlila Färbung der Blüte vermuten lässt wurde aus den Blättern das sogenannte „Schüttgelb“ mit einem blassgelben Ton gewonnen.) Die seltenen Pflanzen sollen hier auf dieser Fläche wieder heimisch werden und so einen Beitrag zur biologischen Vielfalt leisten.

Wir folgen dem Radweg und dem Seemenbach und verlassen damit die Bundesstraße 521 und stoßen auf die Landesstraße (3), der wir mit dem Radweg in Richtung Limeshain folgen. Bevor wir den Ortsteil Hainchen erreichen, überqueren wir die Kreisstraße (4) und folgen dem Radweg weiter in Richtung Düdelsheim. Wir wandern jetzt links des Seemenbachs weiter auf dem Asphaltweg und folgen dem bequemen Radweg mit erträglichen Steigungen. Vorbei an einem Flugplatz für Modellflugzeuge genießen wir jetzt einen phantastischen Rundblick, der bei klarer Sicht vom Taunus bis in den Vogelsberg reicht. Auf der gegenüberliegenden Talseite erheben sich das bewaldete „Enzheimer Köpfchen“ und der Glauberg, an dessen Fuß man das gleichnamige Museumsgebäude erkennen kann.

Knapp 500 Meter hinter dem Modellflugplatz und nach einem leichten Anstieg verlassen wir den Radweg nach links (5) und gehen leicht bergab zwischen den Feldern direkt auf eine Brücke über den Seemenbach zu. Den nächsten Abzweig nach links (6) nutzen wir für eine kleine Exkursion. Dort wo der Asphaltweg wieder in einen Feldweg übergeht, kommen wir dem Ufergehölz nahe, das sich mit der Seemenbachrenaturierung gebildet hat. Mit etwas Glück erblicken wir Spuren des Bibers, der sich hier erstmals in der Wetterau nach vielen Jahren wieder angesiedelt hat.

Wir gehen zurück und dann nach links und stoßen alsbald auf die Bundesstraße, die wir umsichtig überqueren und dann auf dem Radweg nach links (7) in Richtung Lindheim laufen. Fast zwei Kilometer laufen wir auf diesem Radweg, links die Seemenbachaue und rechts Äcker und Streuobstwiesen im Blick. Nach der Fußgängerampel gelangen wir in einer Rechts-links-Kombination (8) in das hübsche Dörfchen Lindheim.

Vorbei an Schloss und Kirche, am Gutshof Westernacher, wo der erste Wetterauer Storch nach langer Abwesenheit siedelte, wandern wir auf der Altenstädter Straße, überqueren noch einmal die Nidder und sind alsbald am Ausgangspunkt zurück.

Länge

10 Kilometer

Höhenmeter

280

reine Gehzeit

zweieihalb Stunden

Streckenqualität

überwiegend Asphalt, auch nach Regen gut zu begehen

Startpunkt

Aldi Parkplatz Altenstadt-Lindheim

ÖPNV

Niddertalbahn Bahnhof Altenstadt Lindheim