Museum der Stadt Butzbach – phantastische Zeugnisse einer bewegten Geschichte

Wer das Museum der Stadt Butzbach im Solms-Braunfelser Hof in der Färbgasse der Butzbacher Altstadt besucht, muss nicht unbedingt an Butzbacher Geschichte interessiert sein. Das zusammen mit dem Wetterau-Museum in Friedberg und dem Heuson-Museum in Büdingen bedeutendste Museum in der Wetterau hat einen gewaltigen Schatz an Exponaten zur Geschichte der Stadt Butzbach, der nördlichen Wetterau und der ganzen Region zu bieten.

Wenn Dr. Dieter Wolf durch das Museum streift, kann er gar nicht mehr aufhören zu sprechen. Vom Hölzchen aufs Stöckchen kommt er bei seinen Vorträgen. Immer differenzierter und detaillierter werden die Geschichten, denen allen eines gemein ist: sie sind nie langweilig. Spannend erzählt der Museumsleiter vom Untergang der Industriekultur, weil ein Großindustrieller und Fabrikbesitzer sich teuer von seiner Ehefrau freikaufen musste und kein Geld mehr für Investitionen in sein Unternehmen hatte, oder vom Niedergang der einst blühenden Tuchkultur in Butzbach, weil im 17. Jahrhundert in London und Flandern billigere Konkurrenzprodukte auf den Markt kamen. Allein schon die Adresse des Museums in der Färbgasse erinnert an die Textilproduktion, die hier in Butzbach einst blühte.

Spannend ist auch die Sammlung von mehr als 200 Miniaturschuhen, die der Industrieschuhmachermeister Richard Fenchels zu einer kleinen Kulturgeschichte des europäischen Schuhs zusammengestellt hat. Originalgetreu nachgearbeitet sind die rekonstruierten Fellschuhe eines Höhlenmenschen bis hin zum Schuh des ersten Astronauten auf dem Mond.

Wer in den Keller des Altbaus hinabsteigt, trifft auf die Welt der Römer mit zahlreichen Originalfunden und Nachbildungen. Nicht nur für Kinder eindrucksvoll ist das Modell des römischen Kastells Hunneburg. Beeindruckend ist auch der Laden eines römischen Töpfers, der in eine Ecke der Römerabteilung eingelassen ist. 

Handwerk hat in Butzbach eine lange Tradition, nicht nur die bereits genannten Weber und Blaufärber, die Schuhmacher und Metallhandwerker. In Butzbach wurden auch Musikinstrumente hergestellt wie etwa die Marguth-Klaviere oder die zwei originalen Scherer-Flöten aus Elfenbein, die in der Mitte des 18. Jahrhunderts von Georg Heinrich Scherer in Butzbach geschaffen wurden.

Für all jene, die so gerne von der guten alten Zeit sprechen, kann die „Butzbacher Flohfalle“ eine gute Erinnerungsstütze sein, dass doch nicht alles so schön war. Die feingearbeitete Miniatur zierte einst den Ausschnitt der von Ungeziefer geplagten Damen. Vor allem in der Barockzeit galt Waschen als gesundheitsschädlich, und selbst hohe Stände wuschen sich nur selten von Kopf bis Fuß oder badeten. Die Butzbacher Flohfalle wurde aus Elfenbein hergestellt und besitzt eine Öse zum Aufhängen. Die Falle konnte aufgeschraubt und ein kleiner Lappen hineingesteckt werden, der mit Honig, Harz und verschiedenen Duftstoffen getränkt war, um die Flöhe anzuziehen. Gingen diese in die Falle, blieben sie am Harz oder am Honig kleben.

Zu den wertvollsten Stücken des Butzbacher Museums gehören „Prinz und Prinzessinnen“. Die drei Wachspuppen aus dem späten 17. Jahrhundert sind mit wertvollen Kleidern angetan und sehr fein gearbeitet.

Unbedingt sehenswert ist das Modell der Stadt Butzbach, das die Stadt im Jahre 1832 zeigt. Das beeindruckende Modell zeigt die noch gänzlich von einer Mauer umfasste Stadt mit Schloss und Markuskirche.

Einen lebhaften Eindruck früherer Zeiten gewinnt man schließlich in der volkskundlichen Abteilung. Die ausgestellten Trachten geben einen kleinen Einblick in die Lebenswirklichkeit unserer Großeltern und der Generation davor. Ein schönes Ensemble ist die Hochzeitsgesellschaft, bei der die Frau zum letzten Mal die Farbe Rot (die Farbe der Unverheirateten) zur Tracht trug. Danach war die vorherrschende Farbe Blau. Später, etwa im Alter von 30 Jahren trugen die Frauen Grün. Beim Tod von Verwandten musste man ein Jahr in Schwarz gehen. Waren es nahe Angehörige, betrug die Trauerzeit gar zehn Jahre. So kam es, dass die Frauen ab etwa 35 Jahren kaum mehr aus der Farbe Schwarz herauskamen. 

Rund 600 Quadratmeter Fläche umfassen die Ausstellungen im Neubau des Museums aus den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts und im Solms-Braunfelser Hof. Mindestens zwei Stunden sollte man sich einplanen, um zumindest einen oberflächlichen ersten Blick auf die Schätze des Museums geworfen zu haben. Anschließend sollte man dann noch einen Abstecher in die Butzbacher Altstadt machen. Dort warten neben verschiedenen Restaurants einige Eisdielen, die unsere jüngeren Mitbesucher sicherlich sehr zu schätzen wissen.

Zusammenfassung – was man unbedingt sehen muss

  • Die Römerabteilung mit dem Modell des römischen Kastells Hunneburg
  • Richard Fenchels Miniatur-Schuhmuseum
  • Das Modell der Stadt Butzbach um 1832
  • Die volkskundliche Abteilung mit den Butzbacher Trachten